10. Januar 2019

Bessere Anerkennung für höhere Fachschulen

Das Schweizer Bildungssystem gilt im Wesentlichen als gut und durchlässig. Es ist aber auch komplex und für Aussenstehende wenig durchschaubar. So gibt es auf der tertiären Bildungsstufe sowohl Fachhochschulen wie höhere Fachschulen. Während Erstere als Hochschulen klassifiziert und institutionell anerkannt sind, stellen die Fachschulen (HF) einen Teil der höheren Berufsbildung dar und müssen ohne eidgenössische Titel auskommen.
Seit langem beklagen sie sich über ihre mangelhafte Positionierung, insbesondere mit Blick aufs Ausland: Dort weiss man mit den Diplomen höherer Schweizer Fachschulen wenig oder gar nichts anzufangen, weil diesen der Stempel eidgenössischer Anerkennung fehlt. Die Schweizerische Konferenz der höheren Fachschulen hat zahlreiche Beispiele über Benachteiligungen im Auslandzusammengetragen. So werden etwa Partnerschaften mit internationalen Institutionen verunmöglicht.

Fragliche Glaubwürdigkeit

Wegen des nicht vorhandenen Titelschutzes lassen sich zudem seriöse und weniger seriöse Anbieter nicht unterscheiden. Auf «schwarze Schafe» wies im Ständerat der Freiburger CVP-Vertreter Beat Vonlanthen hin: Derzeit könne sich jeder Bildungsanbieter die Bezeichnung «höhere Fachschule» zulegen, auch wenn seine Angebote nicht das verlangte Niveau aufwiesen. Diese Intransparenz führe zu Marktverzerrungen und könne gar in unlauteren Wettbewerb münden. «Missbräuchliche Bezeichnungen», befürchtete Vonlanthen, «schaden direkt der Glaubwürdigkeit des Bildungsbereichs und damit den Berufschancen.»

Alle Akteure sind sich einig: Das Profil der höheren Fachschulen muss gestärkt, die Abschlüsse müssen eidgenössisch anerkannt werden. Die kleine Kammer hat im vergangenen Juni deshalb eine Motion der Basler Ständerätin Anita Fetz überwiesen, die neue gesetzliche Grundlagen zur klaren Positionierung von höheren Fachschulabschlüssen als Teil der schweizerischen Berufsbildung verlangt. Am Mittwoch hat der Nationalrat die Motion nun ebenfalls diskussionslos überwiesen.

Allerdings hat er damit eine abgeschwächte Variante seiner Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur übernommen. Diese hält nichts davon, höhere Fachschulen institutionell anerkennen zu lassen – wie dies die Motion Fetz verlangt. Hingegen sollen die HF-Abschlussdiplome als «eidgenössisch» deklariert werden und die höheren Fachschulen einen Bezeichnungsschutz erhalten. Dazu gehört dann auf internationaler Ebene auch, englische Titelbezeichnungen für die HF-Abschlüsse zu installieren.

Zunächst ist noch einmal der Ständerat gefordert, sich zur Variante des Nationalrats zu äussern. Unabhängig davon wird das Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung unter seinem neuen Chef Guy Parmelin die rechtlichen Grundlagen anpassen müssen. Offen ist dabei auch, wie dies erfolgen soll.

Der nationale Verband der Diplomierten Höherer Fachschulenverlangt, die Anpassungen in ein eigenes Gesetz zu giessen: Dies wäre in seinen Augen «ein wichtiger Schritt, um Gleichwertigkeit zwischen Hochschulen und höherer Berufsbildung zu schaffen» und damit die gesellschaftliche Anerkennung der höheren Fachschulen zu verbessern.

Nahe an der Berufspraxis

Explizit nicht erwünscht ist hingegen eine Verwissenschaftlichung. Die höheren Fachschulen sollen sich weiterhin durch ihre Nähe zur Berufswelt und eine Vertiefung des beruflichen Fachwissens auszeichnen. Sie bieten Ausbildungsgänge für anspruchsvolle praktische Tätigkeiten und Führungsfunktionen, dienen der Kaderausbildung und der Spezialisierung von Berufsleuten.

Derzeit gibt es in der Schweiz rund 150 solche Fachschulen, deren Bildungsgänge vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation überprüft, aber eben nicht als «eidgenössisch» deklariert werden. 2017 wurden 10 065 Diplome ausgestellt und 247 Bildungsgänge registriert. Im Vergleich zu den Abschlüssen universitärer Hochschulen und von Fachhochschulen ist augenfällig, dass die Zahl in den letzten Jahren deutlich langsamer gewachsen ist. Der hohe Anstieg nach 2005 erfolgte aufgrund der Aufnahme der Ausbildungsgänge im Gesundheitsbereich.

Die Zahl der Abschlüsse ist auch heute in der Pflege deutlich am höchsten, danach folgen die Betriebswirtschaft und die Kinder- und Jugendarbeit. Die öffentliche Hand wendete 2015 rund 325 Millionen Franken für die höheren Fachschulen auf und trug damit vier Fünftel der gesamten Kosten. Der in diesem Sommer publizierte jüngste Bildungsbericht Schweiz diagnostiziert eine «sehr grosse Heterogenität» der Angebote.

Das zeigt sich auch in der regionalen Verteilung: Die höheren Fachschulen befinden sich fast ausschliesslich in der Deutschschweiz, was wiederum mit der teilweise unscharfen Trennung mit den Fachhochschulen zu tun hat. So werden Pflegeberufe in der Westschweiz noch immer fast ausschliesslich an Fachhochschulen erlernt, in der Deutschschweiz mehrheitlich an höheren Fachschulen.

NZZ Online 13.12.2018